Kommentar: Warum KI Marken nicht retten wird – aber ruinieren kan
Alle reden über Künstliche Intelligenz, als wäre sie der neue Messias der Markenführung. Endlich schneller, effizienter, skalierbarer! Und ja – KI liefert beeindruckend präzise Daten, trendige Farbpaletten und Content in Lichtgeschwindigkeit. Aber genau darin liegt die Gefahr: Geschwindigkeit ist nicht gleich Bedeutung. Und Bedeutung ist die eigentliche Währung einer Marke.
KI macht Marken schneller – aber auch schneller gleich.
Denn Algorithmen sind Weltmeister im Optimieren, nicht im Überraschen. Sie rechnen, statt zu riskieren. Sie imitieren, statt zu inspirieren. Gute Marken aber leben vom Mut, Ecken und Kanten zu zeigen – nicht davon, im globalen Einheitsrauschen möglichst friktionsfrei mitzuschwimmen.
Der Glaube, KI könne „Marken entwickeln“, ist in Wahrheit ein Missverständnis. KI erkennt Muster – Menschen geben ihnen Sinn. Eine Markenidentität entsteht nicht in Prompts, sondern in Haltung, Ethik, Kontext und der Fähigkeit, Emotionen zu erzeugen. Oder wie Maya Angelou es so schön sagt: Menschen erinnern sich nicht an Worte, sondern an Gefühle. Daran hat sich auch im Zeitalter der Maschinen nichts geändert.
Natürlich hat KI ihre Berechtigung. Sie ist ein mächtiges Werkzeug für Analyse, Automatisierung, Content-Adaption und Personalisierung. Alles Arbeiten, die früher viel Zeit gefressen haben und heute dank KI in Minuten erledigt sind. Fantastisch. Nur: Das sind Betriebsarbeiten – nicht Führungsaufgaben.
Denn echte Markenführung ist eine zutiefst menschliche Disziplin. Sie entsteht in Begegnungen, Konflikten, Diskussionen, Workshops – analog, fühlbar, manchmal chaotisch. Ohne das Analoge bleibt Marke flach wie eine schöne, aber leere Fassade.
Die Zukunft gehört deshalb nicht der KI oder dem Menschen allein – sondern dem Zusammenspiel. Hybrid-Branding bedeutet: Digital für Tempo und Reichweite. Analog für Tiefe und Vertrauen.
Und der Schluss ist simpel – ich nenne ihn den Stimmgabel-Moment: KI liefert Signale. Menschen schaffen Resonanz. Darum bleibt Markenführung – bei aller Technik, bei aller Automatisierung – am Ende eine Frage von Haltung, Charakter und Mut. Kurz: eine Frage des Menschseins.
Leone Ming, Schaan